Menu Close

Was ist rettender Glaube? / What Is Saving Faith

    

Predigt zu Hebräer 11,1.

Basierend auf einer Predigt von Barry Gritters, Hudsonville Protestant Reformed Church, aus dem Jahr 2001.

  

Heidelberger Katechismus, Sonntag 7, Fragen 20-21:

Werden denn alle Menschen wiederum durch Christus selig, wie sie durch Adam verloren worden sind? – Nein; sondern nur diejenigen, die durch wahren Glauben ihm eingeleibt werden und alle seine Wohltaten annehmen.

Was ist wahrer Glaube? – Es ist nicht nur eine sichere Erkenntnis, durch die ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort offenbart hat, sondern auch ein herzliches Vertrauen, welches der Heilige Geist durchs Evangelium in mir wirkt, dass nicht nur anderen, sondern auch mir Ver- gebung der Sünden, ewige Gerechtigkeit und Seligkeit von Gott geschenkt ist aus lauter Gnade, allein um des Verdienstes Christi willen.

       

Einleitung

Gibt es im Leben eines Kindes Gottes etwas Wichtigeres als den Glauben? Wenn jemand euch fragen würde, was euch auf der Welt am wichtigsten ist, was würdet ihr antworten? Was ist für euch die wichtigste Sache der Welt? Ich hoffe, eure Antwort wäre nicht: der Glaube. Ich hoffe vielmehr, ihr antwortet: Jesus Christus ist das Wichtigste auf der Welt. Wir brauchen Jesus Christus!

Zugegeben, das ist so, als würde man fragen, was wichtiger sei: die Speise auf dem Teller oder der Mund. Sicherlich ist die Speise wichtiger, denn wenn ich nichts zu essen hätte, würde ich verhungern. Aber andererseits: Wenn ich keinen Mund hätte, könnte ich die Speise nicht zu mir nehmen und würde auch verhungern.

So verhält es sich auch mit der Antwort auf die erste Frage. Eines ist sicher: Der Herr Jesus Christus, der wahrer Gott vom wahren Gott ist, der unser Herr und Erlöser ist, der sich für uns dahingegeben hat: ihm zu gehören ist wichtiger als alles andere. Und doch können wir ihm nicht anders gehören, ihn nicht anders besitzen als nur durch den Glauben. Und darum danken wir Gott für das Geschenk des Glaubens.

Um das Wesen dieses Glaubens geht es in unserem Predigttext aus dem Hebräerbrief und auch in dem Abschnitt aus dem Katechismus, den wir gerade gelesen haben:

Werden denn alle Menschen wiederum durch Christus selig, wie sie durch Adam verloren worden sind? – Nein; sondern nur diejenigen, die durch wahren Glauben ihm eingeleibt werden und alle seine Wohltaten annehmen.

Darin liegt die Bedeutung des Glaubens. Ohne Glauben kann niemand selig, d.h. gerettet werden. Um gerettet zu werden, müssen wir durch Glauben Christus «eingeleibt», d.h. mit ihm vereinigt sein.

Das 11. Kapitel des Hebräerbriefs ist der klassische Bibelabschnitt, in dem gezeigt wird, was Glaube ist und wie Glaube sich äussert. Durch Glauben verstehen wir die Welten, durch Glauben baute Noah die Arche, durch Glauben wurde Mose nach seiner Geburt drei Monate von seinen Eltern verborgen, durch Glauben feierte Israel das Passah … in allem, was das Volk Gottes tat, handelte es durch Glauben, und durch Glauben handelt das Volk Gottes auch heute.

Was ist euch am allerwichtigsten? Jesus Christus. Was steht an Wichtigkeit gleich neben Jesus Christus, nämlich als das Mittel, durch das wir uns Christus zueignen?

Habt ihr Glauben? Habt ihr rettenden Glauben? Seid ihr durch Glauben mit Christus vereinigt? Empfangt ihr durch Glauben alle seine Wohltaten? Lebt ihr täglich im Glauben? Aus gutem Grund fragt der Katechismus nach dem wahren Glauben, denn es gibt viele Leute, die zwar einen Glauben haben, aber keinen wahren Glauben, der sie mit Christus vereinigt. Habt ihr wahren Glauben? Denn wer keinen wahren Glauben hat, bleibt unter dem Zorn Gottes und kommt um.

Ihr habt es schon bemerkt: Wir werden uns in der heutigen Predigt einige unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. Wir werden zum einen sehr deutlich zur Selbstprüfung aufgerufen. Wir sollen da, wo unser Glaube falsch oder lau ist, Busse tun und zum wahren Glauben an Christus zurückkehren. Und zum anderen sollen wir da, wo unser Glaube echt, aber schwach ist und wir vielleicht immer wieder in unserem Glauben zweifeln und bangen, durch Gottes Wort gestärkt und auferbaut werden, so dass wir bekennen können: Ich habe wahren Glauben; Herr, hilf meinem Unglauben!

Was ist wahrer, rettender Glaube? Wir wollen diese Frage beantworten, indem wir zunächst das Gegenteil des rettenden Glaubens untersuchen, nämlich erstens den Unglauben und zweitens den sogenannten falschen Glauben. Im dritten Teil wollen wir lernen, worin das Wesen des wahren Glaubens besteht, so dass wir in der Gewissheit unseres Glaubens gestärkt werden. Und viertens wollen wir den Segen und die Früchte betrachten, die Gott uns durch den Glauben schenkt.

     

Der Unglaube

Unsere heutige Richtschnur ist die Frage: Habt ihr rettenden Glauben? Man kann diese Frage auch umgekehrt stellen: Verwerft ihr das Evangelium im Unglauben? Denn das ist das Gegenteil des Glaubens. Der Glaube nimmt das Evangelium an, der Glaube hält die Heilige Schrift für wahr. Der Unglaube dagegen tut das nicht. Der Unglaube verachtet das Evangelium. Und der Unglaube verachtet nicht nur das Evangelium, sondern verachtet und verwirft Jesus Christus, der im Evangelium enthalten ist und durch das Evangelium gepredigt wird, und er verwirft Gott selbst, der diesen Christus zum Heil bestimmt hat. So ist der Unglaube. Seid ihr ungläubig? Sagt ihr in eurem Herzen: Ich will nicht glauben?

Es gibt viele Gründe für den Unglauben. Die wesentliche Ursache ist natürlich, dass Gott den Glauben von manchen Menschen fernhält. Es ist eine grundlegende Wahrheit, dass der Glaube ein Geschenk Gottes ist und Gott dieses Geschenk nach seiner souveränen Gnade nur einigen, aber nicht allen Menschen zuteil werden lässt. Aber wir wollen jetzt einmal die menschliche Perspektive einnehmen und uns fragen, warum jemand Christus verwirft, dem Evangelium nicht glaubt und Gott hasst.

Ein Grund könnte sein, dass das Evangelium uns demütigt, weil es uns zeigt, dass wir vor Gott schuldig und von Natur aus verderbt sind und aus uns selbst nicht Gutes hervorbringen können. Das Evangelium fordert uns auf, nicht auf uns selbst zu vertrauen, sondern auf einen anderen, nämlich auf Christus. Und deshalb gibt es Menschen, die das Evangelium ablehnen, weil sie sich weigern zu glauben, dass sie Sünder und vor Gott schuldig sind, dass sie von Natur aus verderbt sind, und dass ihr Heil von einem anderen abhängt als von ihnen selbst. Sie verweigern sich dieser Wahrheit und verwerfen Christus und sein Heilswerk.

Ist das eure Antwort auf das Evangelium? Seid ihr ungläubig, weil ihr eure Sünde und Unfähigkeit nicht einsehen wollt? Dann spricht das Wort Gottes heute zu euch: Tut Busse von eurem Hochmut und demütigt euch vor dem Wort Gottes, oder sterbt im Unglauben! – Werden alle Menschen durch Christus gerettet, wie sie durch Adam verlorengegangen sind? Nein, sondern nur diejenigen, die Christus durch wahren Glauben eingeleibt werden.

Manche Menschen sind ungläubig, weil sie sich für sehr gebildet oder sehr wohlhabend oder sehr erfolgreich halten. Sie haben es zu etwas gebracht, sie brauchen dieses Evangelium nicht, es ist ihrer nicht würdig. Sie haben es nicht nötig, das Evangelium anzunehmen und daran zu glauben. Sie akzeptieren und glauben viele andere Dinge, die sie voranbringen und von denen sie sich einen Vorteil versprechen, nicht aber das Evangelium von Jesus Christus.

Ist das der Grund für euren Unglauben? Dann spricht das Wort Gottes zu euch: Tut Busse von eurem Stolz und dem Vertrauen auf euch selbst! – Werden alle Menschen gerettet, die in Adam umgekommen sind? Nein, sondern nur diejenigen, die durch Glauben das Evangelium annehmen.

Manche Menschen bleiben im Unglauben, weil sie hören, dass das Evangelium ein Leben in Dankbarkeit und Demut und Gehorsam und Aufopferung verlangt, einen aufrichtigen Wandel vor Gott. Dazu gehört in der Regel, dass man sich von bestimmten Ansichten oder Angewohnheiten oder von seinem bisherigen Lebensstil trennt. Aber das wollen viele nicht, stattdessen wollen sie weiterhin ihren eigenen Geboten gehorchen. Vielleicht kommen solche Menschen sogar ab und zu in den Gottesdienst, aber in Wirklichkeit führen sie ein Leben in Unglauben, Ungehorsam und Undankbarkeit.

Ist das vielleicht eure Antwort auf das Evangelium? Wenn ja, dann spricht das Wort Gottes heute in aller Deutlichkeit zu euch: Tut Busse von eurem Unglauben und demütigt euch vor Gott und nehmt Jesus Christus durch wahren, lebendigen Glauben an! – Werden alle Menschen, wie sie in Adam verlorengegangen sind, durch Christus gerettet? Nein, sondern nur diejenigen, die glauben.

Ihr seht, dass Gottes Wort jeden einzelnen vor eine grosse Verantwortung stellt, und noch mehr diejenigen, die auch Verantwortung für andere tragen, wie die Ältesten einer Gemeinde, Ehemänner und natürlich Eltern. Sind wir uns dieser Verantwortung bewusst? Beten wir, dass Gott uns und die er uns anvertraut hat bewahrt vor menschlichem Stolz und Hochmut, davor, auf sich selbst und eigene Klugheit und Fähigkeiten zu vertrauen, oder davor, abseits von Gottes Wegen ein Leben nach eigenem Gutdünken zu führen? Beten wir, dass Gott uns vor diesen Fallstricken des Unglaubens bewahre!

Denn im Unglauben gibt es keine Erlösung. Im Unglauben gibt es nur Elend, nur Hölle. Habt ihr Glauben, oder ist euer Herz ungläubig?

    

Der falsche Glaube

Aber das ist noch nicht alles. Wir müssen uns nicht nur vor dem offensichtlichen Unglauben warnen lassen, sondern auch vor dem sogenannten falschen Glauben. Das Wort Gottes teilt diesen falschen Glauben in mindestens drei Kategorien ein.

Die Bibel redet an einer Stelle vom «Glauben der Dämonen» (vgl. Jak 2,19). Gemeint ist ein Glaube, der eine blosse Kenntnis der biblischen Lehre ist, ein Erkennen und eine intellektuelle Hinwendung zu dem, was die Bibel lehrt, ohne aber diese Lehre wirklich im Herzen anzunehmen, ohne sie von Herzen zu lieben und ohne Frucht, die aus dem Glauben kommt: ein rein verstandesmässiger Glaube, ein sogenannter «Kopfglaube». Der Apostel Jakobs sagt an der erwähnten Stelle sinngemäss: «Ihr glaubt? Denkt nur nicht, dass ihr damit schon mit Christus vereinigt seid. Denn auch die Dämonen glauben, sie zittern sogar in ihrem Glauben.» Die Teufel und Dämonen wissen, dass das Wort Gottes wahr ist, sie leugnen nichts davon, aber sie haben keine Liebe für dieses Wort, sie hassen es und zeigen ihre Feindschaft gegenüber Gott und seinem Wort, wo sie nur können.

Diesen «Kopfglauben» hatte zum Beispiel der König Agrippa in der Apostelgeschichte 26. Nachdem der Apostel Paulus vor Agrippa gepredigt hatte, stellt er am Ende eine Frage: «Glaubst du den Propheten, König Agrippa?» Und bevor der noch antworten konnte, sagte Paulus: «Agrippa, ich weiss, dass du glaubst.» Doch was entgegnete der König? «Es fehlt nicht viel, und du überredest mich, dass ich ein Christ werde!» Das war Agrippas Antwort. Paulus, in Kürze überredest du mich, Christ zu werden. Aber ich bin keiner. Beinahe hättest du mich überredet zu glauben, aber ich weigere mich, über den blossen Kopfglauben hinauszugehen.

Die Welt ist voll mit diesem Kopfglauben. Auch viele angebliche Christen haben so einen Glauben. Sie mögen getauft sein, sind in einem christlichen Umfeld aufgewachsen, haben die Gottesdienste besucht, vielleicht sogar das Glaubensbekenntnis abgelegt. Sie verstehen das Wort Gottes, sie lehnen nichts von dem ab, was die Bibel lehrt. Sie glauben, dass dieses Wort wahr ist. Aber sie lieben es nicht und bringen darum auch keine Früchte. Es ist eine Art Glaube – die Bibel nennt es sogar «Glaube» –, aber es ist kein wahrer Glaube, kein rettender Glaube, keine Gemeinschaft mit Christus, durch welchen uns die Wohltaten Christi zufliessen. – Werden alle Menschen gerettet, werdet ihr gerettet durch solch einen Glauben? Nein! Nur diejenigen werden gerettet, die wahren Glauben haben. Wenn euer Glaube so aussieht, wie eben beschrieben, dann spricht das Evangelium Gottes heute zu euch: Tut Busse von dieser Sünde und nehmt mit dem Herzen den Herrn Jesus Christus und sein Evangelium an und empfangt ihn und werdet gerettet. Denn jeder, der wahrhaft glaubt, wird gerettet werden, und niemand, der wahrhaft glaubt, wird jemals verlorengehen.

Weiter erwähnt die Bibel den Glauben, der einigen Neubekehrten eigen ist. Bei diesem Glauben geht es weniger um den Kopf, sondern vielmehr um das Gefühl. Die Wahrheiten der Schrift zu hören, erzeugt im Menschen ein wohliges Gefühl, wenigstens für eine Weile. Doch schon bald – spätestens wenn der Druck wächst, wenn der Mensch versteht, was Christus nachzufolgen wirklich heisst – verschwinden die guten Gefühle, und der Mensch verwirft das Evangelium und den darin enthaltenen Christus und verlässt die Gemeinde wieder.

Diese Art des Glaubens beschreibt der Herr in dem bekannten Gleichnis vom Ackerboden: Dort fallen die Samenkörner unter anderem auf felsigen Grund, der nur mit einer ganz dünnen Erdschicht bedeckt ist. Was geschieht? Die Pflanzen blühen rasch auf, und alles sieht wunderbar lebendig aus –, aber es ist keine feste Wurzel da. Wenn nun die Sonne der Versuchung zu brennen anfängt, welken sie dahin und gehen ein (vgl. Mt 13,5–6.20–21).

Solche Menschen hatte Jesus eine Zeitlang um sich. Ihnen gefiel, was sie sahen und hörten. Sie waren begeistert von seinem Auftreten. Sie fühlten sich zu Jesus hingezogen und zu dem, was er tat, und so verliessen sie alles und folgten ihm nach – für eine Weile. Doch sie verschwanden wieder, als sie ihn solche Worte reden hörten: «Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach» (Mt 16,24). Oder: «Verkaufe, was du hast, und gib es den Armen» (Mt 19,21). Oder: «Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm» (Joh 6,56).

Auch in der heutigen Kirche gibt es diese Art Glauben. Manchmal trifft man auf Leute, die vielleicht zum ersten Mal eine richtige Predigt gehört haben und von allem total begeistert sind. Sie schwärmen allen von ihrem neuen Glauben vor. Aber es kann sein, dass dieser Glaube nicht in ihren Herzen und in der Erkenntnis verwurzelt ist, dass sie Christus wirklich brauchen, dass sie umkommen, wenn sie Christus nicht wirklich im Glauben besitzen. Und darum ist es kein wahrer Glaube. Auf solche euphorisierten Besucher werden wir darum zwar freundlich und einladend reagieren, aber doch auch wachsam sein, denn es gibt diesen falschen, zeitweiligen Glauben, der in einer schnellen Euphorie aufblüht, aber auch genauso schnell dahinwelkt. Überlegt euch gut, was es heisst, sich einer Gemeinde anzuschliessen! Überlegt euch gut, was es heisst, das Glaubensbekenntnis abzulegen! Versteht, was es heisst, Christus nachzufolgen!

Und dann gibt es drittens den Glauben derer, die in der Kirche und in der Gemeinde vor allem Selbstverwirklichung suchen. Auch das ist eine Art «Wunderglauben». Wenn Jesus Wunder vollbracht hat, dann kann ich das auch, oder Jesus kann ein Wunder an mir oder für mich vollbringen! Zur Zeit Christi auf Erden gab es viele solche Leute. Sie folgten ihm nach, weil sie seine Wunder sahen. Oder an ihnen selbst geschahen Wunder, wie an den zehn Aussätzigen, von denen aber nur einer zurückkehrte, um Christus zu danken. Am Jüngsten Tag werden einige Verurteilte ausrufen: «Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht?» Und Christus wird ihnen antworten: «Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen!» (Mt 7,22–23). Er verneint nicht, dass sie all diese Wunder vollbracht haben, aber er verneint, dass dies aus wahrem, lebendigem Glauben geschah.

Heute mögen die Leute nicht mehr unbedingt in der Lage sein, Wunder zu vollbringen. Aber doch wollen sie sich mit grossartigen Werken in die Kirche einbringen, sie wollen einbezogen werden und aktiv sein, und das alles nicht deshalb, weil sie Christus lieben oder verstehen, was Gott fordert oder was die Kirche braucht, sondern weil sie gern von den anderen gesehen werden wollen. Sie haben einen gewissen Glauben, aber es ist nur ein selbstgefälliger «Wunderglaube». Und für diesen wie für alle anderen Arten des falschen Glaubens gilt: Wer solch einen Glauben hat, zu dem spricht das Evangelium: Tue Busse, oder du kommst um! Es gibt keine Errettung ohne wahren, lebendigen Glauben.

     

Der wahre Glaube

Wahrer, lebendiger Glaube ist Gemeinschaft, wirkliche Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus Christus. Wie wir es mit Frage und Antwort 21 des Katechismus bekennen, gründet sich diese wahre Gemeinschaft auf zwei Dinge: Erstens auf einer gewissen, das heisst unumstösslichen Erkenntnis all dessen, was das Evangelium lehrt – und solch eine unumstössliche Erkenntnis ist nicht rein intellektuell, sondern kommt immer aus dem Herzen. Und zweitens auf ein festes Vertrauen, dass die Verheissungen des Evangeliums, die ich da erkannt habe, nicht nur für andere gelten, sondern auch für mich persönlich, und das nicht aufgrund meiner Verdienste oder Würdigkeit, sondern um Christi willen, und dass alle Wohltaten Christi mir allein aus Gnade zuteil werden. Ich habe Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus, und ich weiss es, weil ich ihn kenne und liebe und mich auf ihn verlasse und ihm vertraue: Das ist wahrer Glaube.

Habt ihr diesen Glauben? Ihr seht, jetzt wird es problematisch. Denn jeder von uns wird jetzt sagen: Ja, ich denke schon, aber als vorhin von all den anderen, falschen Arten des Glaubens die Rede war, da habe ich mich selbst wiedererkannt! Ich erkenne in mir die Sünde, das Wort Gottes zwar mit dem Verstand anzunehmen, aber nur wenig oder gar keine Liebe dafür zu empfinden. Ich habe in mir eine Euphorie für das Evangelium erkannt, die kurzzeitig aufflackerte, aber kurz darauf verloschen ist, und ich bin nicht sicher, ob sie jemals wiederkommen wird. Ich erkenne in mir den Wunsch, mich in die Gemeinde einzubringen, um von den anderen gesehen und gelobt zu werden. Und ich erkenne in mir den Wunsch, hier Mitglied zu sein, weil es mir einfach emotional guttut.

Wenn wir uns das alles vor Augen geführt haben, dann fragen wir uns: Ist mein Glaube echt oder habe ich nur eine dieser vielen Arten des falschen Glaubens? Wir fangen an zu zweifeln; und der Teufel frohlockt, weil er will, dass wir zweifeln. Woher wollen wir also Gewissheit haben?

Gewissheit gewinnt ihr jedenfalls nicht dadurch, dass ihr nur auf euren Glauben schaut, sondern indem ihr auf Jesus Christus schaut. Es stimmt, dass das Volk Gottes aufgerufen ist, auf seinen Glauben zu achten und seinen Glauben zu prüfen. Und das tun wir heute hier. Aber wir sollten uns davor hüten, jetzt alle Aufmerksamkeit uns und unserem Glauben zu widmen, und darüber den zu vergessen, der doch das Ziel unseres Glaubens ist, den Herrn Jesus Christus.

Wenn ich noch einmal auf den Anfang der Predigt zurückkommen darf: Wenn ihr hungrig seid, konzentriert ihr euch dann auf euren Mund oder auf die Speise? Denkt ihr an eure Hand, die sich nach dem Brot oder dem Glas Milch ausstreckt, oder denkt ihr an das Brot und die Milch? Darüber sprechen wir heute. Konzentriert euch nicht auf die Hand und den Mund, sondern auf das, was ihr mit Hand und Mund zu euch nehmt! Dann werdet ihr wissen, dass euer Glaube ein wahrer Glaube ist.

Man kann auch einen anderen Vergleich heranziehen. Manchmal geht es einem nicht gut und man hat den Eindruck, dass man wohl krank wird. Manche Leute fallen dann in die Sünde, dass sie nur noch über ihr körperliches Wohlbefinden grübeln, jeden Morgen Fieber messen und sich aufs gründlichste untersuchen und am Ende wirklich krank werden oder die Symptome der Krankheit aufweisen. Vielleicht kennt ihr auch solche Menschen. Man bleibt aber nicht gesund, indem man täglich Fieber misst oder sich andauernd fragt, ob man heute wohl Kopfweh oder Bauchschmerzen oder eine Depression bekommen wird. Um gesund zu bleiben, geht man seiner Arbeit und seinen Aufgaben nach und denkt nicht dauernd an irgendwelche Krankheiten, sonst verfängt man sich in der Falle der Hypochondrie und redet sich selbst krank.

Das gleiche gilt im geistlichen Bereich. Mit Christen, die pausenlos sich selbst und ihren Glauben untersuchen, geht es geistlich bergab, und sie beginnen an ihrem Glauben zu zweifeln. Wahrer Glaube tut so etwas nicht. Laut Hebräer 11 schaut der Glaube nach aussen – auf Gott. Der Glaube schaut nach aussen – auf Jesus Christus. Der Glaube ist in diesem Sinne wie ein Auge. Der Glaube schaut aber nicht ständig in den Spiegel, um zu sehen, ob er noch wahr und echt ist. Unser Glaube ist wahr und echt, wenn er das tut, was er tun soll: Auge und Hand und Mund der Seele sein, mit denen wir den Herrn Jesus Christus sehen und erkennen und ergreifen und annehmen.

Was haben wir über Abraham und Sarah gelesen? Als sie schon alt und hochbetagt waren und noch immer keine Kinder hatten, als sie also körperlich sozusagen tot waren, da erschien ihnen Gott und gab ihnen seine Verheissung eines Nachkommens. Was taten die beiden daraufhin nicht? Sie schauten nicht auf ihren erstorbenen Leib. Sarah hatte es anfänglich schon getan und über die Verheissung gelacht. Aber später tat sie Busse und grübelte nicht mehr über die Leblosigkeit ihres eigenen Schosses, sondern glaubte der Verheissung Gottes, der versprochen hatte, er werde ihr einen Sohn schenken. Hätte sie nur auf sich selbst geschaut, hätte sie niemals einen Sohn bekommen. Und hätte Abraham sich ständig nur eingeredet, dass er ja schon fast hundertjährig sei, hätte auch er niemals einen Sohn bekommen. Aber sie wendeten ihren Blick von sich selbst ab und richteten ihn auf Gott und nahmen ausserhalb ihrer selbst die Verheissungen an und empfingen, was Gott ihnen im Evangelium verheissen hatte. Wahrer, rettender Glaube blickt nach aussen, auf Christus!

Was tat Abraham, nachdem Gott ihm einen Sohn geschenkt hatte und ihn aufforderte, ihn zu opfern? Hätte Abraham nur die sichtbare Wirklichkeit seines 13oder 14jährigen Sohnes, des Messers, des Blutes, des Feuers in Betracht gezogen, hätte er niemals gehorchen können. So aber gedachte er der Verheissungen Gottes und glaubte, dass Gott fähig wäre, Isaak von den Toten aufzuwecken, und darum spricht Hebräer 11,17 davon, dass Abraham seinen Sohn Isaak tatsächlich auf dem Altar opferte. Er tat es wirklich. Wenn auch nur in Abrahams Herzen, so starb der Junge doch als Opfer. Warum? Weil Abraham auf Isaak auf dem Altar blickte? Nein, sondern weil er auf Gott blickte und dem vertraute, der Tote lebendig machen kann.

In den letzten Tagen ist es draussen ziemlich kalt geworden. Die Blätter fallen von den Bäumen, und die Natur begibt sich langsam in den Winterschlaf. So ähnlich ergeht es auch manchmal unserem Glauben: Im Winter passiert nicht viel. Und wir fangen an zu zweifeln. Wir betrachten unsere geistlichen Hände und unseren Mund und bemerken, dass sie schwach geworden und nicht mehr sonderlich aktiv sind. Und dann schlussfolgern wir, dass unser Glaube nicht echt sei. Tut das nicht! Erkennt, dass Gott euch Hände gegeben hat, dass Gott euch einen Mund gegeben hat, das heisst, dass Gott euch Glauben gegeben hat, um euch mit Christus zu vereinen, dass aber jetzt Winter ist und ihr um Sommer bitten müsst. Und wenn es wieder einmal eine Phase in eurem Leben gibt – und es gibt sie! –, in der ihr bemerkt, dass an dem Baum eures Glaubens kaum Blätter und Früchte zu sehen sind, dann schliesst daraus nicht, dass der Baum und der Glaube tot seien. Sondern blickt dann erst recht auf Gott und vertraut seinem Wort und bittet ihn, dass er euren Glauben stärkt und neue Früchte schenkt!

Habt ihr wahren Glauben? Haltet ihr alles für wahr, was die Bibel lehrt? Und liebt ihr das Wort Gottes und Jesus Christus? Der verzagte Christ würde antworten: Ja, schon, aber nicht so, wie es sein sollte. – Aber was ist denn das für eine Antwort? Wenn Gott durch seinen Geist diese Liebe in euer Herz gelegt hat, wenn Gott euch durch Glauben mit Christus vereint hat, wieso verzweifelt ihr dann an euch selbst und an der Tatsache, dass ihr ihn nicht so liebt, wie es sein sollte? Liebt ihr Christus? Und wenn euch dann klar wird, dass ihr gerade nicht auf euch und eure Unfähigkeit und eure Mängel und euren Unglauben schauen sollt, sondern nach aussen, auf Christus selbst, dann ruft ihr: Ja, ich liebe Christus. Ich liebe das Wort Gottes! Ich habe Glauben! Gott, hilf meinem Unglauben, denn ich bin voller Unglauben und bemerke oft, dass ich hasse, was Gottes Wort sagt oder was es von mir fordert. Aber das ist meine Sünde, das ist der alte Mensch in mir, doch das heisst nicht, dass ich keinen Glauben hätte. Im Gegenteil: Im Glauben blicke ich weg von mir auf das, was droben ist, auf Christus, der zur Rechten Gottes sitzt.

Vertraut ihr allein auf diesen Christus? Verwerft ihr alle Selbstgerechtigkeit und alle eigenen Werke? Glaubt ihr, dass ihr nur in Jesus Christus vor Gott bestehen könnt? Wenn ihr eure eigene Unfähigkeit und Unwürdigkeit anschaut und sie auch als solche erkennt und bekennt, dann zeigt ihr damit doch schon, dass ihr euch etwas anderes wünscht, dass ihr in wahrem Glauben auf etwas Besseres wartet, nämlich «auf die Stadt, welche die Grundfesten hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist» (Hebr 11,10). Ihr habt wahren, rettenden Glauben!

    

Die Früchte des wahren Glaubens

Wenn wir diesen Glauben haben, dann leben wir auch in diesem Glauben, Tag für Tag, und beten, das Gott unserem Glauben Früchte schenkt. In allen Schwächen, in allen Anfechtungen von innen und von aussen lernen wir, Gott immer mehr zu vertrauen und immer mehr zu Christus hin zu wachsen und von ihm alles Gute zu erwarten.

So wie die sogenannten Glaubenshelden, die uns in Hebräer 11 vorgestellt werden: Was wird uns von denen im letzten Teil des Kapitels nicht alles berichtet? Was haben die durch Glauben nicht alles erlangt? Sie haben Königreiche bezwungen, Löwen den Rachen gestopft, Feuer ausgelöscht, feindliche Heere in die Flucht geschlagen usw.

Nun wollen wir nicht übermütig jedes alttestamentliche Bild, das uns dort geschildert wird, in unsere neutestamentliche Wirklichkeit übertragen. Manche versuchen, diese alttestamentlichen Glaubenszeugnisse zu imitieren, und halten das für die Früchte wahren Glaubens. Es gibt diese Art Christen, die vermeintlich von Triumph zu Triumph eilen. Die erringen überall in der Welt Siege für Christus, wie sie es nennen. Das sind aber keine Früchte des Glaubens. Dahinter steht ein riesiger menschgemachter Druck, das ist ein euphorisierter Wunderglaube, wie ich ihn vorhin beschrieben habe.

Es wäre eine Anmassung, zu meinen, man müsse etwas für Christus tun oder erreichen oder erobern. Er hat doch schon alles selbst erobert. Er hat bereits den vollen Sieg errungen und die Herrschaft über alle Mächte und Gewalten angetreten. Und in ihm haben auch wir den Sieg, hier und jetzt. Es ist ein geistlicher Sieg in einem geistlichen Kampf. Darum begegnen wir allen verbliebenen geistlichen Widerständen in dieser Welt auch mit geistlichen Waffen, eben mit der Waffenrüstung des Glaubens. Wir brauchen die Welt nicht plattzumachen, sondern wir überwinden sie im Glauben, so wie man auf einer Hindernisbahn die Hindernisse nicht umpflügt, sondern sie überwindet. Wir überwinden die Welt auf unserem beharrlichen Weg in die Gemeinschaft mit Gott in Christus.

Seid ihr angefochten durch die Sünde? Dann verweigert euch ihr durch Glauben, so wie Mose, der lieber mit dem Volk Gottes Bedrängnis erlitt, als den vergänglichen Genuss der Sünde zu haben!

Versteht ihr die Wege Gottes in eurem Leben nicht? Dann vertraut ihm trotzdem durch Glauben und seid gehorsam, wie Abraham, der auszog, ohne zu wissen, wohin er kommen wird.

Nagen Zweifel an euch, wenn die Wissenschaft euch erklärt, dass die Schöpfung nicht so stattgefunden habe wie im Wort Gottes bezeugt? Dann versteht durch euren Glauben, dass die Welten durch Gottes Wort bereitet worden sind, so dass das Sichtbare nicht aus Erscheinendem geworden ist.

Euer Glaube befähigt euch dazu, weil der Glaube Christus annimmt, und Christus in euch versteht die Wege und Werke Gottes in der ganzen Schöpfung und in eurem eigenen Leben. Euer Glaube, den Gott euch durch die Predigt des Evangeliums und durch den Ruf, den ihr heute hier hört, schenkt, rettet euch. Zweifelt nicht, seid nicht ungläubig! Glaubt, und lebt ewig!

Amen.

Um weitere Artikel auf Deutsch zu lesen, bitte hier anklicken.

Show Buttons
Hide Buttons