Daniels Nachtvision (1)
Die Nachtvision Daniels zeigt uns eine gewaltige Spannbreite der Weltgeschichte, vom Königreich Babylons bis zum letzten Gericht umfasst sie eine Periode von mehr als 2500 Jahren. Diese bemerkenswerte Vision beinhaltet vier entsetzliche Tiere (oder Weltreiche), die zehn Hörner, die aus dem vierten Tier aufsteigen, das kleine Horn (oder der Antichrist), das unter den zehn Hörnern aufsteigt, das letzte Gericht des Hochbetagten, die ewige Herrschaft des Menschensohnes und das unvergängliche Reich der Heiligen.
Daniel 7 wird im Neuen Testament vornehmlich unter drei Gesichtspunkten verwendet. Erstens in den Evangelien, in welchen der Titel „Menschensohn” (Dan. 7,13) die charakteristische Selbstbezeichnung unseres Herrn ist. Zweitens wird die Beschreibung vom kleinen Horn aus Daniel 7 (von dem auch in späteren Kapiteln gesprochen wird) in 2.Thessalonicher 2 und an anderen Stellen im Neuen Testament zur Darstellung des Antichristen verwendet. Drittens weist das Buch der Offenbarung eventuell mehr auf Daniels Nachtvision hin als auf irgendein anderes Kapitel seiner Prophezeiung.
Der Inhalt von Daniel 7 lässt sich folgendermaßen zusammenfassen. Das Kapitel wird in zwei übersichtliche, gleiche Teile unterteilt: die Verse 1-14 beinhalten die Vision und die Verse 15-28 liefern die Interpretation. Der erste Teil lässt sich ebenfalls in zwei Abschnitte teilen. In den Versen 1-8 sehen wir die vier Tiere, die zehn Hörner und das kleine Horn. Die Verse 9-14 sprechen von dem Hochbetagten, dem Menschensohn und dem letzten Gericht. Die Interpretation in den Versen 15-28 behandelt zunächst die vier Tiere und dann etwas detaillierter das vierte Tier und das kleine Horn. Die zweite Hälfte von Daniel 7 erklärt wiederholt, dass die Heiligen des Allerhöchsten die Königsherrschaft bis in alle Ewigkeit erhalten werden (V. 18, 22, 27).
Das erste Tier ist ein Löwe — das babylonische Imperium (V. 4). Der Löwe ist nicht nur das Symbol Babylons in der antiken nahöstlichen Kunst, sondern auch ein Bild Babylons, das die alttestamentlichen Propheten verwendet haben (z.B. Jer. 4,7).
Was ist die Bedeutung der Symbolik des ersten Tieres? Der Löwe ist der König der Tiere und uns wird berichtet, dass der Löwe „Adlerflügel” hatte; der Adler ist der König der Vögel (Dan. 7,4). In Daniel 2 wird das erste Königreich mit Gold, dem wertvollsten Metall, verglichen. All dies lässt die Würde, den Reichtum und die Pracht Babylons erkennen. Das Abreißen seiner Flügel zeigt das Ende seiner gewaltigen Eroberungen an. Das „wie ein Mensch aufrecht auf seine Füße” Stellen und das Geben „ein[es] menschliche[n] Herz[ens]” sprechen von einem vermenschlichenden Prozess (7,4). „Durch das Empfangen Nebukadnezars eines ‚tierische[n] Herz[ens]’ [4,13] wurde dem babylonischen Reich ein menschliches Herz gegeben” (E. J. Young: Daniel, S. 144).
Das zweite Tier ist ein Bär — das Medo-Persische Reich (7,5). Der Bär ist stark und wild. Dass er nur auf einer Seite aufgerichtet ist, passt sowohl zu seinem dualen Reich, das von Medern und Persern beherrscht wurde, als auch zu seinem Voranschreiten. Die drei Rippen beziehen sich vermutlich auf insbesondere drei Königreiche, die erobert wurden: Babylon im Süden, Lydien im Norden und Ägypten im Westen. „Steh auf, friß viel Fleisch” zeigt seinen unbändigen Appetit auf Eroberungen an (V. 5).
Das dritte Tier ist ein Leopard oder Panther — das griechische Reich Alexanders des Großen (V. 6). Wie ein Leopard mit „vier Vogelflügeln”, ist es sehr schnell und daher rasch in seinen Eroberungen. Die „vier Köpfe” sind eine Prophezeiung, dass nach dem Tod Alexanders des Großen das Imperium in vier Teile geteilt würde (V. 6).
Das vierte Tier ist das Römische Reich (V. 7). Es ist so entsetzlich, dass kein Tier oder Biest mit ihm verglichen werden kann! Daher ist es anders „als alle vorherigen Tiere”. Es ist „furchterregend, schrecklich und außerordentlich stark” und hat zwei Vernichtungswaffen. Die Erste ist sein Maul mit „große[n] eiserne[n] Zähne[n]”, die „fraß[en] und zermalmte[n]” (V. 7). Die Zweite, bestehend aus seinen Füßen und eherne Klauen, „zertrat das Übrige” (V. 7; 19).
Lasst uns nun die vier Tiere zusammen und gemeinsam betrachten. Gemäß Daniel 7,17 sind die vier Tiere „vier Könige” oder Königreiche, denn ein Königreich wird von seinem König beherrscht und verkörpert. Heute würden wir von diesen Königreichen als Imperien sprechen.
Die vier Metalle des Bildes aus Nebukadnezars Traum in Daniel 2 stellen dieselben Königreiche wie die Tiere in Daniel 7 dar. Daniel 2 bezeichnet ganz klar das erste Königreich als Nebukadnezars Babylon (V. 37-38). Daniel 8 lehrt uns, dass es sich beim zweiten und dritten Königreich um das medo-perische und griechische Königreich handelt. Rom ist das vierte Imperium, weil in seinen Tagen Christus als der Stein „von dem Berg […] losbrach, und zwar nicht durch Hände” (2,45).
Der Ursprung der Tiere ist das Meer (7,2-3). Das Meer ist die ruhelose, sündige Menschheit, die wetteifernden Nationen (Jes. 17,12-13). Die „vier Winde des Himmels”, die das Meer schlagen, weisen auf alle Arten der Vorsehung hin: Migration, Kriege, Erfindungen, Handel etc. (Dan. 7,2). Dass die vier Königreiche „sich aus der Erde erheben” (V. 17) deutet darauf hin, dass sie irdisch und menschlich sind, das Produkt gefallener, sündiger Menschlichkeit — Königreiche der Menschen.
Aber warum porträtiert Daniel 2 die vier Königreiche als Metalle und Daniel 7 dieselben Imperien als Tiere? Die Metalle geben uns sozusagen die menschliche Perspektive: diese Königreiche sind edel und ruhmreich. Die Tiere zeigen uns gewissermaßen Gottes Perspektive. Er sieht deutlich die Sünde, den Götzendienst, den Luxus und die Unterdrückung dieser Imperien. Diese Königreiche sind entmenschlicht, eher dem Bereich der Tiere als dem der Menschen zuzuordnen.
Die jeweiligen Tiere, die in Daniel 7 ausgesucht wurden sind räuberische und Furcht erregende Tiere, die entlang ihres Weges alles niedermetzeln. Was würdest du tun, wenn du eines dieser Tiere auf dich zukommen sähest? Schreien! Und laufen! Die gottlose Welt in einem mächtigen Imperium vereint, das gottlose Gesetze verabschiedet und durchsetzt und die Heiligen verfolgt, lässt die Herzen von Gottes Kindern automatisch mit Angst erfüllen. Machthungrige, sündige Menschen, die Unheil gesetzlich einrahmen, sehen in den Augen Gottloser wie Gold, Silber, Bronze und Eisen aus — Herrlichkeit und Macht (Dan. 2). Den Heiligen jedoch sind sie ein Furcht erregendes Tier (Dan. 7). Aber „fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib verderben kann in der Hölle!” (Matt. 10,28)! Rev. Stewart
Der Platz der Kinder im Bund (2)
Frage: „Sind Kinder im Gnadenbund auch was die Taufe angeht betroffen oder nur die erwählten Mitglieder nach der Bekehrung? Mit wem wurde der Bund der Werke geschlossen? Der sichtbaren oder nicht sichtbaren Gemeinde? Wie spielt das alles zusammen?
In der letzten News Ausgabe habe ich gezeigt, dass die erwählten Kinder von Gläubigen von frühester Kindheit an zum Bund gehören und zumindest in einigen Fällen sogar vor der Geburt, z.B. bei Jeremia oder Johannes dem Täufer. Die Frage lautet nun: Wenn nur die erwählten Kinder von Gläubigen in Gottes Bund eingeschlossen sind, warum werden dann alle Kinder von Gläubigen getauft? Diese Frage ist wichtig, denn Baptisten machen viel Aufhebens darum, dass die Taufe an Erwählten und Verworfenen gleichermaßen vollzogen wird. Ihrem Urteil nach ist dies ein schwerwiegender Fehler.
Doch Baptisten liegen damit falsch. Sie verstehen Gottes Handeln mit den Menschen nicht. Um offen zu sein, ich verstehe die Position der Baptisten in dieser Hinsicht nicht. Sicherlich glauben Baptisten gemeinhin, einschließlich „reformierter” Baptisten, dass das Evangelium von mehr Menschen als nur den Erwählten gehört wird. Sicherlich glauben sie auch, dass die Taufe als ein Sakrament mit der Evangeliumspredigt verknüpft ist und zwar als ein Zeichen und Siegel der Evangeliumsbotschaft und dem Versprechen des Evangeliums, dass wer auch immer an Christus glaubt gerettet wird. Warum ist es so schwer zu glauben, wenn das Predigen in seinem äußerlichen Ruf allgemein ist und die Taufe als ein Zeichen und Siegel zum Evangelium gehört, dass auch die Taufe an mehr Menschen vollzogen wird als von Gott zur Erlösung erwählt wurden?
Ich bin mir bewusst, dass viele Baptisten daran festhalten, dass die Taufe kein Sakrament in dem Sinne ist, dass es wie das Predigen des Evangeliums auch, ein Mittel Gottes ist sein Volk zu retten. Ich bin mir außerdem bewusst, dass viele (wenn nicht die meisten) Baptisten das Evangelium als ein Angebot betrachten, welches Gottes Liebe für alle ausdrückt, die das Evangelium hören. Aber dennoch wird das Evangelium, in baptistischer Denkweise, weit mehr Menschen verkündet als tatsächlich gerettet werden. Dies scheint mir eine Unstimmigkeit zu sein. Wenn Erlösung, wie calvinistische Baptisten betonen, nur aus Gnade geschieht, warum kann Gott dann nicht sowohl Kleinkinder als auch Erwachsene retten?
In diesem Zusammenhang müssen zwei oder drei Punkte betont werden. Genauso wie Gott will, dass das Evangelium viel mehr Menschen als nur den Erwählten gepredigt wird, die durch das Predigen gerettet werden, so will Gott auch, dass das Zeichen und Siegel des Bundes mehr Menschen empfangen als nur die Erwählten. Das Evangelium ist positiv ausgedrückt, die öffentliche Verkündigung von Gottes großem Werk der Erlösung in Christus. Es ist die Bekanntmachung von Gottes Versprechen, dass er alle, durch Christus und den Glauben an Christus, ganz sicher retten wird, die glauben. Von einem negativen Standpunkt aus betrachtet, ruft das Evangelium alle Menschen überall zu der dringenden Pflicht auf, ihre Sünden zu bereuen und an Christus als die einzige Hoffnung auf Erlösung zu glauben. Alle, die das hören werden mit dieser ernsten Aufforderung konfrontiert, einschließlich der Drohung einer ewigen Strafe für Unglauben.
Gott fügt das wunderbare Versprechen hinzu, dass er nicht nur Gläubige, sondern auch deren Kinder retten wird. So wirkt Gott. Er rettet nicht nur Individuen; er rettet Haushalte, Familien, Generationen. Er tut dies, ob das Evangelium in der Gemeinde oder auf dem Missionsfeld gepredigt wird. Von der Schwachheit unseres Glaubens wissend, fügt Gott zu dem gepredigten Evangelium das Sakrament der Taufe als ein Zeichen und Siegel der Wahrheit des Versprechens hinzu — ein Zeichen und Siegel, welches in der Kirche vollzogen wird. Es ist ein Zeichen und Siegel von Gottes Bund; von Gottes Bund, der in der Linie von Generationen errichtet wird — mit Gläubigen und ihren Nachkommen.
Wie ihr wisst, machen einige die Evangeliumsverkündigung zu einem Erlösungsangebot, das Gottes Wunsch ausdrückt alle Menschen zu retten. Solch ein Angebot drückt die Verleihung von Gnade an alle Hörer des Evangeliums aus, so dass die Hörenden ihre eigene Willensentscheidung darüber fällen können, ob sie das Evangelium annehmen oder nicht. Dieses Prinzip wird auf die Taufe ausgeweitet. Einige Reformierte lehren, dass Gottes Bundesversprechen und “genügsame Gnade” an alle Getauften gerichtet ist und dass die Errichtung des Bundes mit auch nur einem von ihnen davon abhängt, ob sie die Konditionen des Bundes akzeptieren und erfüllen oder nicht.
Diese Sichtweise macht es unmöglich die Kindertaufe aufrechtzuerhalten. Ein Kleinkind kann Christus nicht empfangen, wenn das Evangelium gepredigt wird und Babys können die Konditionen eines allgemeinen Versprechens nicht erfüllen. Dieser Sichtweise zufolge bleiben sie bis zu dem Zeitpunkt unbekehrt, zu dem sie ihren eigenen Willen, befähigt durch eine allgemeine Bundesgnade, ausüben können und Gottes Konditionen akzeptieren. Doch dies ist reiner Arminianismus und kann auch nichts anderes sein.
Die Erben des Evangeliumsversprechens sind die Erwählten. Weil Gott der souveräne Herr ist, der alleine retten kann und dies auch tut, bestimmt er, wer gerettet werden soll und wer nicht. Das Evangelium ist das Mittel, das Gott gebraucht, um nur die Erwählten zu retten; und die Taufe ist ein Zeichen und Siegel in Verbindung mit dem Evangelium, das uns versichert, dass unsere Kinder genau wie wir errettet sind, doch nur gemäß der souveränen Erwählung. Die Erlösung unserer erwählten Kinder beginnt (gewöhnlicherweise) in früher Kindheit.
Die liturgische Agenda für die Taufe, die in unseren Kirchen verwendet wird, beginnt im zweiten Teil mit diesen einschneidenden Worten: „Obgleich unsere Kinder dies alles nicht verstehen, dürfen wir sie trotzdem nicht von der Taufe ausschließen. Denn genauso wie sie ohne ihr Wissen Anteil haben an der Verdammnis in Adam, so werden sie auch ohne ihr Wissen in Christus aus Gnade zu Gottes Kindern angenommen.” Daraufhin wird das Versprechen Gottes aus 1.Mose 17,7 zitiert.
Doch wenden wir uns nun der anderen Seite der Medaille zu. Das Evangelium wird mehr Menschen als nur den Erwählten gepredigt, weil Gott das Gebot des Evangeliums an alle, die Sünden zu bereuen und an Christus zu glauben, als Mittel benutzt, die Menschen ohne Entschuldigung dastehen zu lassen. Sie haben das Evangelium gehört, sie wissen was ihre dringende Pflicht ist. Ihnen wurde gesagt, dass Erlösung für all diejenigen sicher ist, die glauben und dass das Gericht über die kommt, die nicht glauben. Dennoch lehnen sie es ab und werden so zu recht verurteilt. Am letzten Tag werden sie mit ihrer eigenen bösartigen Rebellion konfrontiert werden und können Gott keinen Vorwurf machen, wenn sie in die Hölle gesandt werden. Somit offenbart Gott seine eigene Heiligkeit und seinen Hass gegenüber der Sünde in der gerechten Bestrafung des Sünders.
Dasselbe gilt auch für die Taufe. Alle, die getauft sind empfangen das Zeichen und Siegel des Bundes und sind aufgefordert ein Leben im treuen Dienst Gottes zu leben. Wenn sie ihre Taufe verschmähen, verschmähen sie das Evangelium und seine Verheißungen. Sie zeigen damit, dass sie sich nicht um die Verheißung kümmern, die in der Taufe gezeigt und besiegelt wurde und sie weisen ihren Ruf zurück, in Heiligkeit und im Gehorsam an Gott zu wandeln. Dieses Thema werde ich in der nächsten Ausgabe der News aufgreifen. Prof. Hanko
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