Psalmen 9 und 10 über die nicht allgemeine Gnade
Psalm 9 beantwortet die Frage: „Was wird mit den (verworfenen) Gottlosen geschehen? Was wird Jehova mit ihnen tun?” „Die Gottlosen müssen ins Totenreich hinabfahren, alle Heidenvölker, die Gott vergessen” (18; vgl. 4b, 6, 16). Der Psalmist bekräftigt immer wieder, dass dies Gerechtigkeit ist, göttliche Gerechtigkeit: „du sitzt auf dem Thron als ein gerechter Richter” (5b; vgl. 8-9).
David deklariert: „Der Herr hat sich zu erkennen gegeben, hat Gericht gehalten” (17a). Das rettende Wissen eines Gläubigen von Gott, beinhaltet ihn als den gerechten Richter zu kennen. Jehova offenbart sich als solcher in seinem Wort und in diesem Licht verstehen wir seine Gerichtsurteile in der Geschichte. „Darum”, fügt der Psalmist hinzu „vertrauen auf dich, die deinen Namen [d.h. Die glorreiche Offenbarung deiner selbst, inklusive deiner heiligen Gerechtigkeit] kennen” (11a).
Die gläubige Antwort eines jeden einzelnen Heiligen auf Gottes gerechte Urteile, seine „Wunder”, ist Verehrung: „Ich will den Herrn loben von ganzem Herzen, ich will alle deine Wunder erzählen. Ich will mich freuen und frohlocken in dir, ich will deinem Namen lobsingen, du Höchster!” (2-3). Bezüglich Gottes gerechter „Taten” ruft die Gemeinde aus: „Lobsingt dem Herrn, der in Zion wohnt, verkündigt seine Taten unter den Völkern!” (12).
Psalm 9 schließt mit dem Gebet des Psalmisten ab, dass Gott die Ungläubigen bestrafen möge: „Steh auf, o Herr, damit der Mensch nicht die Oberhand gewinnt, daß die Heidenvölker gerichtet werden vor deinem Angesicht! O Herr, lege doch Furcht auf sie, damit die Heidenvölker erkennen, daß sie [sterbliche] Menschen sind! (Sela.)” (20-21).
Um besser zu verstehen, warum das Volk Gottes den Herrn für sein gerechtes Urteil den Gottlosen gegenüber ernstlich anbetet und preist, müssen wir die Wahrheit begreifen, dass die Erlösung der Gemeinde mit der Vernichtung der verworfenen Gottlosen Hand in Hand geht. „Die Gottlosen müssen ins Totenreich hinabfahren, alle Heidenvölker, die Gott vergessen. Denn der Arme wird nicht für immer vergessen; die Hoffnung der Elenden wird nicht stets vergeblich sein” (18-19). Beachte, dass das kursiv geschriebene „Denn” (19) den Grund dafür angibt, warum Jehova die Gottlosen bestraft: um sein „armes” Volk von ihnen zu befreien (19)!
Unser Vater im Himmel beantwortet die Gebete seiner Heiligen, der „Unterdrückten” (10) und Notleidenden (10, 14) durch die Gottlosen (14), weder vergisst (13, 19) noch verlässt (11) er diejenigen, die seinen „Namen kennen” und ihn „suchen” (11). Jehovas „Gericht” (17) der Gottlosen (4-7, 16-18) ist folglich die „Erlösung” der Gerechten (15). Dies, erklärt David, ist Gnade oder Barmherzigkeit Gottes Volk gegenüber (14), jedoch keine Gnade oder Barmherzigkeit für die Gottlosen, denn der Allmächtige rettet in seiner Gnade und Barmherzigkeit seine erwählte Gemeinde und vernichtet die Gottlosen gerechterweise (Ps. 143, 12).
Psalm 136 ist ähnlich. In seiner ewigen „Gnade” (Israel gegenüber), schlug Jehova die Erstgeborenen Ägyptens (für die dies keine Gnade gewesen war) und führte sein Volk mit „starker Hand” heraus (10-12). Die ewig währende „Gnade” des Allerhöchsten Israel gegenüber ertränkte „den Pharao samt seinem Heer [im] Schilfmeer” (für den dies keine Gnade gewesen war), wohingegen die alttestamentliche Gemeinde trockenen Fußes übersetzte (13-15). So wie „Gnade” Israel gegenüber bedeutete, dass sie das „Erbe” jenseits des Jordan erhielten, hieß dies andererseits für Sihon und Og und ihre Völker (für die dies keine Gnade war), dass sie abgeschlachtet wurden und ihr Land verloren (17-22).
Während Psalm 9 ein Danklied für Gottes gerechtes Gericht der Heiden ist, ist Psalm 10 ein Klagelied bezüglich der Gottlosen und ihrer Taten (2-12): „Herr, warum stehst du so fern, verbirgst dich in Zeiten der Not?” (1). Dieses inspirierte Loblied schließt mit dem Gebet ab der Herr möge aufstehen, seine Hand erheben und die Elenden nicht vergessen, die von den Gottlosen verfolgt werden (12). Diese Bitten werden durch Argumente bekräftigt (14) und mit Zuversicht geäußert (16-18). Weder Psalm 9 noch 10, aus dem längsten Buch der Bibel, sind wahrscheinlich unter den Favoriten bei den Menschen, doch beide sind sicherlich lehrreich und „nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit” (2.Tim. 3,16).
Psalm 10,3 wird in der King James Übersetzung so wiedergegeben: „die Habsüchtigen, die der Herr verabscheut”. Daher verachtet, verschmäht und verabscheut der Heilige Israels den gierigen und habsüchtigen Mann. Verschiedene Kommentatoren, und die deutschen Bibelübersetzungen, kehren das Subjekt des Verbs um, so dass geschrieben steht: „der Habsüchtige sagt sich los vom Herrn und lästert [verabscheut] ihn”. Obwohl dies eine mögliche Lesart des Hebräischen ist, besteht kein Grund einen Einwand gegen die Übersetzung der King James Bibel zu erheben, die auch von Kommentatoren wie Matthew Henry, William S. Plumer und C. H. Spurgeon bevorzugt wird.
In viele Stellen der heiligen Schrift wird deutlich ausgesprochen, dass Gott die verworfenen Gottlosen verabscheut, hasst und sie ihm ein Gräuel und zuwider sind. „Und ich will eure Höhen vertilgen und eure Sonnensäulen abhauen und eure Leichname auf die Leichname eurer Götzen werfen, und meine Seele wird euch verabscheuen” (3Mo.26,30). „Denn jeder, der so etwas tut, ist dem Herrn, deinem Gott, ein Greuel, jeder, der Unrecht tut” (5Mo. 25,16; vgl. 18,12). „Alle stolzen Herzen sind dem Herrn ein Greuel, die Hand darauf — sie bleiben nicht ungestraft!” (Spr. 16,5; vgl. 3,32; 6,16-19; 11,20; 17,15; 22,14). „Siehe, ihr [Götzen] seid gar nichts, und euer Tun ist nichtig; ein Greuel, wer euch erwählt!” (Jes. 41,24). „Mein Erbteil ist mir geworden wie ein Löwe im Wald; es hat seine Stimme gegen mich erhoben, darum hasse ich es.” (Jer. 12,8). „Alle ihre Bosheit stammt von Gilgal her, so daß ich sie dort zu hassen begann; wegen ihrer schlimmen Handlungen will ich sie aus meinem Haus vertreiben” (Hos. 9,15). „Jakob habe ich geliebt, Esau aber habe ich gehaßt” (Röm. 9,13; vgl. Mal. 1,2-3).
Der Grund für Gottes gerechte Verabscheuung der Gottlosen ist ihre totale Verdorbenheit, wie Psalm 10,2-11 umfassend erklärt: Stolz (2, 4), Verfolgung von Unschuldigen (2, 8-10), Prahlerei (3), Gottlosigkeit (4, 11), Unabhängigkeit (6) und böse Rede (7). Kapitel 3 im Römerbrief, welches die umfangreichste Schilderung der völligen Boshaftigkeit des gefallenen Menschen enthält, zitiert sogar Psalm 10,7: „ihr Mund ist voll Fluchen und Bitterkeit” (Röm. 3,14).
Angesichts des Hasses der Gottlosen dem wahren und lebenden Gott (Ps. 10,4, 11, 13) und seinem Volk (2, 8-10, 14, 18) gegenüber, ist es kein Wunder, dass der ewige und gerechte „König” (16) sie in dieser und in der nächsten Welt verabscheut (Ps. 5,7). Darum wird er sie in „Sein[em] gerechte[n] Urteil … in Zeit und Ewigkeit bestrafen” (Heidelberger Katechismus, Antwort 10), als Antwort auf die Gebete seines Volkes (Ps. 10,17-18): „Zerbrich den Arm des Gottlosen und des Bösen” (15a)! Was ist nun übrig von einer angeblich allumfassenden Liebe Gottes für den Verworfenen? Rev. Stewart
Beinhaltet Matthäus 27,9 Fehler?
Ein Leser bezieht sich auf Matthäus 27,9-10: „Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia gesagt ist, der spricht: »Und sie nahmen die 30 Silberlinge, den Wert dessen, der geschätzt wurde, den die Kinder Israels geschätzt hatten, und gaben sie für den Acker des Töpfers, wie der Herr mir befohlen hatte.«” Er schreibt dann: „Matthäus misst diese Redensart Jeremia zu, doch sie ist eindeutig aus Sacharja. Ich dachte, … dass Jeremia eventuell erwähnt wird, weil Jeremia Gott als den Töpfer darstellt. Doch das scheint ziemlich weit hergeholt zu sein und dies wird von denen, die gegen mich argumentieren und zeigen wollen, dass die Bibel fehlbar ist, auch vorgebracht.
Das Problem ergibt sich aus der Tatsache, dass diese Textstelle in Jeremia nicht gefunden werden kann, während Sacharja 11,12-13 der Stelle aus Matthäus ähnlich ist: „Da sprach ich zu ihnen: Wenn es gut ist in euren Augen, so gebt mir meinen Lohn; wenn aber nicht, so laßt es bleiben! Da wogen sie mir meinen Lohn ab, 30 Silberlinge. Aber der Herr sprach zu mir: Wirf ihn dem Töpfer hin, den herrlichen Preis, dessen ich von ihnen wert geachtet worden bin! Da nahm ich die 30 Silberlinge und warf sie ins Haus des Herrn, dem Töpfer hin.”
Die Frage ist ganz offensichtlich: Warum verweist Matthäus auf Jeremia, wenn eine besser passende Stelle in den Versen Sacharjas, die ich oben zitiert habe, gefunden werden kann? Hat Matthäus einen Fehler gemacht? Und wenn dem so ist, bedeutet das, dass die Schrift nicht unfehlbar inspiriert ist?
Bevor ich diese Frage beantworte, muss eine Sache klar gemacht werden. Dies ist notwendig, weil der Leser richtigerweise darauf hinweist, dass die Feinde der Unfehlbarkeit der Schrift, in ihren Bemühungen Fehler in der Bibel aufzudecken, dazu geneigt sind, sich unter anderem auf diese Passage zu beziehen.
Die Bemerkung, die gemacht werden muss, ist folgende: Die Wahrheit der Unfehlbarkeit der Schrift basiert nicht auf unserer Fähigkeit, Probleme zu lösen, die von dieser Textstelle — und anderen, ähnlichen Stellen — verursacht werden. Der Beweis der Unfehlbarkeit der Schrift ruht im Zeugnis der Schrift selbst und im Zeugnis des Heiligen Geistes in den Herzen der Gläubigen (Joh. 10,35; 17,17).
Der deutsche Lutheraner Johann Andreas Quenstedt (1617-1688) sagt daher richtig aus: „Die kanonische Heilige Schrift im Originaltext, ist die unfehlbare Wahrheit und frei von jedem Fehler; mit anderen Worten, in der kanonisch Heiligen Schrift kann keine Lüge gefunden werden, keine Falschheit, kein Fehler, nicht einmal der Kleinste, weder im Gegenstand noch in der Ausdrucksweise, sondern alle Dinge und alle Details, die in ihr überliefert werden, sind gewisslich wahr, ob sie Lehren betreffen oder Moral, Geschichte oder Reihenfolgen oder Namensbezeichnungen. Niemand kann es wagen der Schreibhilfe des Heiligen Geistes Unkenntnis, Gedankenlosigkeit, Vergesslichkeit, oder Sprünge in der Erinnerung zuzuschreiben, während die Heiligen Schriften verfasst wurden.”
Daher werden wir den Text nicht dahingehend untersuchen, ob die Schrift unfehlbar oder fehlbar ist. Wir werden, noch bevor wir die Textstelle untersuchen, davon ausgehen, dass die Schrift unfehlbar ist und keine Fehler enthält. Ob wir eine befriedigende Antwort finden oder nicht, macht keinen Unterschied. Schließlich ist das Wissen des Heiligen Geistes, der die Schrift verfasst hat, vollkommen; wir studieren die Schrift bloß und unsere Fähigkeiten sind ziemlich beschränkt.
Nachdem dies gesagt ist, lasst uns den Text nun betrachten. Viele verschiedene Lösungen wurden von Männern, die an der Unfehlbarkeit der Schrift penibelst festhalten, vorgeschlagen. Man kann diese Problemlösungsversuche in jedem guten Kommentar, wie zum Beispiel dem von William Hendriksen, über das Evangelium nach Matthäus finden. Ich werde sie hier nicht alle wiederholen und manche sind zufriedenstellender als andere.
Die Erklärung, die von James Montgomery Boice angeboten wird, scheint mir die wahre Lösung zu sein. Boice schreibt: „Die Verse [in Sacharja] handeln nicht von einer Person, die den Messias verrät und sie sagen auch nichts über den Erwerb eines Feldes. Andererseits beschreibt Jeremia 19 eine symbolische Handlung, in der Jeremia einen Töpferkrug kauft und dann zerstört, und damit die Zerstörung der Nation symbolisiert; Kapitel 32 beschreibt den Kauf eines Feldes … Die beste Erklärung ist vermutlich, dass Matthäus anscheinend mehrere Textstellen zusammengenommen hat, die dem Tod Jesu falschen, jedoch wohlbekannten Jünger Judas, Bedeutung verliehen haben. Die Bezugnahme zu Jeremia 19 schien angemessen, da sie auf „unschuldiges Blut” verweist und, weil der Platz, an dem der Prophet den Krug zerbrach eines Tages als Grabstätte für diejenigen verwendet würde, die in der Belagerung Jerusalems sterben würden. Der Verweis auf Sacharja und seine Rolle als Schafhirte der Menschen fügt den Ideen der Ablehnung Jesu als dem wahren Schafhirten der Herde, seiner Wertschätzung gleich dem Preis eines bloßen Sklaven und dem Betrugsgeld, das in den Tempel geworfen wird, das Ihre hinzu.” (Matthew, vol. 2 [Baker, 2006], p. 601).
Dies ist wahrscheinlich eine Erklärung und ich stimme mit Dr. Boice überein. Bis auf die Verwendung des Wortes „schien” im obigen Zitat: „Die Bezugnahme zu Jeremia 19 schien angemessen…” Es ist richtig zu sagen: „Die Bezugnahme zu Jeremia war angemessen …”
William Hendriksen fügt dem hinzu, dass solch eine Verwendung der Propheten in den neutestamentlichen Schriften überhaupt nicht unüblich gewesen war: „Was Matthäus demnach tut ist dies: er kombiniert zwei Prophezeiungen, eine von Sacharja und eine von Jeremia. Dann erwähnt er nicht den kleineren Propheten, sondern den großen Prophet als die Bezugsquelle. Die Erwähnung nur einer Quelle, wenn sich die Andeutung auf zwei bezieht, ist nichts, was nur spezifisch für Matthäus ist. Markus verfährt ebenso. Markus 1,2-3 bezieht sich erst auf Maleachi, dann auf Jesaja. Nichtsdestotrotz schreibt Markus beide Prophezeiungen dem großen Propheten Jesaja zu. Ganz ähnlich wie das Zitat, das sich in 2Chr. 36,21 auf 3Mo. 26, 34-35 und auf Jer. 25,12 (vgl. 29,10) bezieht, jedoch nur Jeremia zugeschrieben wird (An Exposition of Matthew [Baker,1975], p. 948).
Mit diesen Betrachtungen stimme ich überein. Gottes Wort ist ewig im Himmel. Vor diesem verbeugen wir uns, denn es ist die Richtschnur unseres Glaubens und Lebens. Prof. Hanko
Um weitere Artikel auf Deutsch zu lesen, bitte hier anklicken